Die Selbstzerstörung der SCHUFA | Unwissenschaftliches Scoring | Arrogante Kommunikation
Die SCHUFA will Ihre Daten. Und sie kann davon gar nicht genug bekommen. „CheckNow“ heisst ein neues Verfahren, mit dem die SCHUFA direkt auf Ihr Girokonto zugreifen und die dortigen Bewegungen erfassen möchte – angeblich nur zu Ihrem besten. Das Verfahren diene dem Scoring, heißt es.
Ich habe daran Zweifel.
Die SCHUFA behauptet, Ihren Score, der über Ihre Kreditwürdigkeit entscheidet, aus Ihren bei der SCHUFA gespeicherten Daten über die Anwendung „mathematisch-statistisch anerkannter und bewährter Methoden“ zu errechnen. – Ich weiß nicht, ob die SCHUFA das bei Ihnen oder bei anderen so macht, aber bei mir macht sie es eindeutig nicht so. Meine Scores hat die SCHUFA vielmehr willkürlich und in sich widersprüchlich festgelegt, und zwar in einer Art und Weise, die mit keiner mathematisch-statistischen Methode vereinbar ist.
Über mich liegen bei der SCHUFA seit Jahr und Tag „ausschließlich positive Vertragsinformationen vor“. Das hat mir die Firma zuletzt am 22. November 2020 mit glitzerndem Siegel bestätigt. Trotzdem bin ich nicht im Geringsten kreditwürdig – weil meine SCHUFA-Auskunft kein schlüssiges Scoring enthält, sondern in sich widersprüchliche Angaben. Jeder SCHUFA-Vertragspartner, der meine SCHUFA-Auskunft anfordert, erkennt sofort: Diese Person ist anders als andere, ihr Scoring ist inkonsistent.
Die SCHUFA unterscheidet Branchenscores und einen branchenübergreifenden Basisscore, der angeblich den Mittelwert der Branchenscores zusammenfassen soll. Mein branchenübergreifender Basisscore ist 98,74, zuletzt festgelegt am 2. Oktober 2020, zuletzt von mir abgerufen am 2. Dezember 2020. Meine Risikoquote liegt also laut SCHUFA im statistischen Mittel aller Branchen bei 1,26. Das ist ziemlich gut – angeblich ein „sehr geringes Risiko“.
Leider haben aber meine Branchenscores – entgegen den öffentlichen Falschdarstellungen der SCHUFA – mit diesem nominell „branchenübergreifenden Basisscore“ überhaupt nichts zu tun. Aus ihnen errechnet sich eine durchschnittliche Risikoquote von 6,81. Oder so etwas ähnliches, denn in sich sind die Branchenscores ebenfalls unschlüssig.
Das ist in etwa so, als würde ein Mathematiker nicht sagen: 2 und 2 sind 4. Sondern: 2 und 2 sind 7 oder 9. Wie auch immer dieses Scoring zustande kam: Es kann nicht beruhen auf meinen bei der SCHUFA gespeicherten Daten und Schlussfolgerungen aus diesen Daten, die auf der Anwendung mathematisch-statistischer Methoden resultieren. Denn die würden zu einem Ergebnis führen und nicht zu mehreren verschiedenen, die sich ausschließen.
Das ich mit der SCHUFA ein Problem habe wurde mir klar, als ich für ein kleines Logistikunternehmen, das ich betreibe, ein weiteres Fahrzeug anschaffen wollte: Es hätte ein ID.3 von Volkswagen werden sollen. Aber der wird zu Weihnachten nicht neben meinem Weihnachtsbaum stehen, denn der Langzeitvermieter, an den ich mich deswegen gewandt habe, wies mich auf einen Widerspruch in meinem SCHUFA-Scoring hin.
Ihm gegenüber gab die SCHUFA – wiederholt und auch auf sein wie auf mein eigenes Insistieren auf die Absurdität einer solchen Beauskunftung hin – im November 2020 meine Risikoquote mit 7,86 an, was dem Scorebereich F entspricht. Meinen Scorebereich aber verortet die SCHUFA in den beiden Spalten daneben im Bereich H, was eine Risikoquote von günstigstenfalls 17,76 ausweist. Die beiden Werte schließen sich aus. Die inkonsistente Bewertung läuft auf eine faktische Nichtbeauskunftung hinaus. Ohne SCHUFA-Auskunft aber gibt es kein Elektroauto.
Am 23. November 2020 habe ich der SCHUFA mit einem per eMail als PDF-Datei übermittelten Brief eine Frist zur Aufhebung der Widersprüche in meinem Scoring gesetzt. Eine Woche später lag ein auf denselben Tag datierter Brief in meinem Posteingang, der als Antwort auf diese Fristsetzung erfolgte, aber nur allgemeine Falschbehauptungen über das Scoring der SCHUFA enthielt, insbesondere die offensichtlich unzutreffende Behauptung, das Scoring der SCHUFA würde auf der Anwendung mathematisch-statistischer Methoden basieren, die indessen systematisch gerade nicht zu widersprüchlichen Ergebnissen führen können. Keine Einsicht. Keine Korrektur. Keine Reaktion auf Telefonate und weitere eMails.
Der Kundendienst der SCHUFA durchsucht eingehende Reklamationen offenbar nur auf die Themen hin, die darin angesprochen werden. Der Geschädigte erhält danach einen Standardtext als „Antwort“, und es geschieht – nichts.
Die Mitarbeiter der SCHUFA, mit denen ich telefoniert habe, waren gutwillig und höflich. Sie haben sich meine Beschwerde angehört, sie aber offensichtlich nicht verstanden. Diese Menschen sind um ihren Beruf nicht zu beneiden.
Am 2. Dezember 2020 habe ich mich mit einer Beschwerde an den Ombudsmann der SCHUFA in Wiesbaden gewandt. Sollte sie erfolglos sein, bleibt mir nur der Weg vor die Zivilgerichte. Das absurde Bemühen der SCHUFA, ihr vermeintliches Recht gegen mich zu behaupten, mein Scoring in sich widersprüchlich und losgelöst von den über mich gespeicherten Daten vornehmen zu dürfen, wird nicht allzu lange Bestand haben. Bis dahin richtet die SCHUFA so viel Schaden an, wie sie kann.
Die SCHUFA will mehr Daten von Ihnen. Angeblich des Scorings wegen. Aber wozu braucht ein Unternehmen Daten, das seine Auskünfte widersprüchlich und offensichtlich willkürlich zusammenwürfelt?
Wer der SCHUFA freiwillig Daten gibt, verbreitert die Basis der scheinbaren Legitimation dieses Unternehmens für ein Scoring, das ganz offensichtlich wissenschaftlichen Minimalansprüchen nicht genügt. Die Wirtschaft täte besser daran, stattdessen auf Fakten zu setzen und zu dem Monopolisten auf Distanz zugehen.