Militärparade in Moskau: Weniger Erinnerung als Botschaft an den Westen
Pompöse Parade in Moskau: Kein Drohnenschwarm aus Kiew, kein ukrainischer Bombenleger brachte die kollektive russische Ego-Show zum Platzen. Wie ein Uhrwerk oder jahrelang geübt, synchron und fehlerlos, marschierten die Kolonnen über den Roten Platz, wie aus einem Mund erklang das markerschütternde „Ura“. Von Jahr zu Jahr perfekter wird auch die TV-Übertragung, immer mehr KI-Einsatz, immer pompösere Schwenks, Dramaturgie mit der Perfektion eines Hollywood-Blockbusters.
Doch so wie Gloss und Botox ein Gesicht dem Leben entfremden, so vergewaltigt die überinszenierte Erinnerung das eigentliche Geschehen. Der Sieg vor 80 Jahren wird zum Gerüst einer Erzählung, zum Schöpfungsmythos und zur Legitimation einer Herrschaft, die viel Vergangenheit verkörpert, wenig Gegenwart und noch weniger Zukunft. Mein Kollege Alexander Dubowy hat die Zusammenhänge treffend analysiert.